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Adipositas - die Fettsucht als Mangelneurose

Eine echte Binsenweisheit besagt, dass Dicke mehr essen und trinken, als ihnen gut tut. Unsere Binsenweisheit berücksichtigt nicht, dass sie genau so viel zu sich nehmen, wie sie brauchen.
Wir müssten uns jetzt fragen, woher dieser Mehrbedarf kommt, und was den Dicken eigentlich fehlt. Wir dürfen dabei nicht unterstellen, dass sie an einem spürbaren Mangel leiden, da sie ihren Mehrbedarf ja ausgleichen. Die ärztliche Frage, was dem Patienten fehlt, wird somit unbeantwortet bleiben.

Bekannte psychosomatische Krankheiten

Störungen der psychischen Befindlichkeit können zu "messbaren" Beschwerden wie Herzklopfen, Schwitzen, Erröten, Zittern führen.
Die gleichen Symptome können auch schon auftreten, wenn die Furcht vor diesen körperlichen Störungen zu arg wird.
Subjektive körperliche Beschwerden unspezifischer und wechselnder Natur, wie flüchtige Schmerzen, Brennen, Schwere, Enge und Gefühle, aufgebläht oder auseinandergezogen zu werden, die vom Patienten einem spezifischen Organ oder System zugeordnet werden, lassen sich von außen nicht nachvollziehen.

Die Patienten empfinden ihre Krankheit so, als beruhten die Symptome auf der körperlichen Krankheit eines Organs oder eines Systems, das weitgehend vom vegetativen Nervensystem kontrolliert wird. Hier können etwa Herzbeschwerden, Magenbeschwerden, Atembeschwerden oder Beschwerden des urogenitalen Systems auftreten.
Wenn sich - solange die Krankheit nicht chronifiziert ist - kein organischer Befund stellen lässt, spricht man in solchen Fällen von einer psychosomatischen Krankheit oder auch Organneurose.
Generell kann Krankheit und Gesundheit nur unter der Voraussetzung der grundsätzlichen Einheit von Körper (Soma) und Seele (Psyche) verstanden werden: Störungen in einem Bereich betreffen immer auch den anderen mit. Schwere körperliche Erkrankungen haben psychische Folgen und psychische Störungen immer auch körperliche Auswirkungen.

Mangelneurose

Ausgehend von dieser "modellhaften Erklärung" psychosomatischer Krankheiten möchten wir den Begriff der "Mangelneurose" analog verwenden: Wenn bei der Herzneurose die psychischen Konflikte sich z.B. als Herzstechen oder allgemeinere Herzschmerzen manifestieren, manifestieren ähnliche Konflikte sich in der Mangelneurose als schmerzhaft gespürter Mangel.

Schon dem Volksmund ist klar, dass Herz-Schmerz eine verbreitete Problematik der (unerwiderten) Liebe ist, also einen realen seelischen, gefühlsbedingten Hintergrund hat.

Mangelzustände auf der materiellen Ebene können zumindest als überlieferte historische Erfahrung bzw. Gefahr allgemein vorausgesetzt werden: Der Verlust von Hab und Gut, Haus und Hof, Vater und Mutter, Vermögen (Inflation), Beruf, Reputation, Ehre, Ansehen oder Würde hat in den (zurückliegenden) Krisen- und Kriegszeiten wohl alle Familien betroffen. Der Verlust von Angehörigen wirkt sich natürlich auch seelisch aus; oftmals ist der Vater im Krieg gefallen, steht bei der Erziehung nicht zur Verfügung, die Mutter, die das Überleben sichern musste, hatte nicht die nötige Zeit usw. .

Wovon es abhängt, ob der Mangel zum zentralen Familienthema wird, sei zunächst dahingestellt. Wir finden jedoch in diesen Fällen eine deutliche Betonung der Unterversorgung, festgemacht z.B. im Bereich der Kleidung am mithalten-wollen mit der Mode, im Bereich der Ernährung als Überbetonung der Mahlzeiten, über- oder untertriebene Vorratshaltung, Zwänge, den Teller zu leeren usw..
Häufig lassen sich bei diesen Regeln Reminiszenzen an vergangene Notzeiten erkennen, wenn z.B. Kleidung fast bis zum Geht-nicht-mehr geflickt wurde, oder, als Reaktionsbildung, neuwertig weggeworfen wird. Auch in der Betonung des Wertes der Ausbildung scheint der Mangel als zentrales Thema durch, soll doch die Bedrohung durch Arbeitslosigkeit verringert und ein niedriger sozialer Status verbessert werden.

Weitere Mangelzustände werden innerhalb der modernen Familie empfunden, nicht immer ergießt sich die elterliche Liebe gleichmäßig und kontinuierlich über alle Kinder, manchmal verändert sich der Status durch nachfolgende Geschwister, fühlen sich Vorgeborene bedroht und verfolgt, wenn das "Nesthäkchen" Zuwendung erfährt, die er/sie längst schon erfahren hatte.

Bei entsprechender Geschwisterkonstellation hat die Bedrohung durch den familiären "Thronfolger" schon manche Vorgeborene an den Rand des Wahnsinns gebracht, oder den Ehrgeiz, sich in möglichst vielfältiger Form als außerordentliches, (ganz) besonderes Wesen auszuzeichnen, angestachelt.

Der "verlorene Status" führt zu chronischer Unzufriedenheit und zwingt die Betroffenen, alles und Jeden zu bemängeln - immerhin hat auch der oder die ObernörglerIn eine Spitzenposition.
Diese Überbetonung des Mangels kann bei Pubertierenden zur gnadenlosen "Abrechnung" mit den Eltern, die u.U. für die Verhältnisse, denen sie entstammen, verantwortlich gemacht werden, führen.
Auch deren Wunden heilen nicht durch das Wirken der Zeit, jedoch kann die Schuld der Selbstjustiz langfristig geleugnet werden.

Empfunden wird ein allgemeiner Mangel, eine diffuse Unterversorgung. Das Gefühl, "zu kurz gekommen" zu sein, bedingt den Zwang, alles im Hier-und-Jetzt haben zu müssen. Da die Betroffenen unbewusst alles durch diese Brille sehen, werden auch einfache Entscheidungen hiervon beeinflusst; konsensuelle Entscheidungen sind nicht mehr möglich.
Der Mangel an Selbstbeschränkung kann zu unterschiedlich hoher finanzieller Verschuldung führen. Wer nach permanenter materieller Belohnung sucht, verschafft sie sich auch auf Kosten Anderer. Rücksichtslosigkeit und Gefühlskälte sind dann eher Begleiterscheinungen.

Unter der Voraussetzung der Mangelneurose wird Hunger nicht mehr als bei gegebenem Nahrungsangebot völlig unkritisches Signal, sondern als Bedrohung durch ein großes Unglück empfunden. Von beidem scheint eine gewisse Faszination auszugehen, gerne wird der Teufel an die Wand gemalt. Es könnte ja sein, dass morgen nicht mehr genug Nahrung zur Verfügung steht, oder dass die Kartoffelernte ausfällt.
Zyklisches Fasten verstärkt den Effekt, und wenn Hunger und Gier die Dämme brechen lassen, wird das Zuviel an Nahrung zum Mittel der Selbstbestrafung, Körperfett und -Gewicht als Sühne für mangelnde Selbstdisziplin.

Ebenso überbetont werden andere Mangelempfindungen, mit dem Effekt einer generellen Unzufriedenheit.

Der selbstverursachte Mangel

Mythologisch finden wir das Phänomen im Märchen vom Fischer und seiner Frau beschrieben, etwas aktueller belegt ein Song der Rolling Stones (I can't get no satisfaction) die kollektive Verschiebung des Nicht-genug-bekommen-könnens auf die sexuelle Ebene. Hier ist die durch "Massen"-medien verbreitete Überstimulation nicht erst in der neuesten Zeit, oder der drogeninduzierte "Kick" im Hirn partiell gesellschaftliche Normalität geworden - mithin Zustände, bei denen man früher noch gefragt hätte, ob die Betreffenden zu heiß gebadet hätten.

Auch bei der Mangelneurose haben wir es mit zwei Seiten einer Medaille zu tun: Wird auf der einen Seite der Mangel überkompensiert und abgewehrt, gerne auch durch Abwertung Anderer, richtet man sich andererseits im "gepflegten Mangel" mehr oder weniger gemütlich ein. Hier finden wir die traurigen Fälle, die unter dem Mangel an Anerkennung leiden, aber keine Initiative aufbringen, etwas daran zu ändern. Andere pochen darauf, gesellschaftlich als Außenseiter diskriminiert zu werden, bleiben aber, unter Beharren auf ihrer Einzigartigkeit und Individualität lieber im Schoße ihrer peer-group, als sich mitgestaltend gesellschaftlich einzugliedern.

Als ein Fass ohne Boden erweisen neurotische Mangelleider sich bei dem Versuch, sie zufriedenzustellen - entweder ist Nichts genug, oder Nichts ist gut genug. So kann, wenn in der Partnerschaft die grenzenlose Liebe nicht ewig andauert, dies zum Mangel an Liebe erklärt werden.
Gelegentlich kann auch die Anzahl der Kinder zum Parameter werden; es gibt den Fall, dass Sie ihrem Gatten, der wohl die Familienplanung für abgeschlossen hielt, erklärte, von ihm komme gar nichts.

Bei der Wahl ihrer Bedürfnisse sind die Mangelleider äußerst flexibel und orientieren sich, wie im Kindergarten, an den anderen Kindern nach dem Motto: "Auch haben wollen". Das Gefühl, etwas Einzigartiges zu besitzen, können sie so nie entwickeln, wie sie auch die Kopierten dieses Gefühls berauben. Gerne stiehlt man den Anderen die Schau, zur Not mit inszenierten Katastrophen, die möglichst dann eintreten, wenn ehemalige Bewunderer auch mal einen Beitrag zum Stück bringen möchten.

Manche fühlen sich im Mangel an Ordnung derart wohl, dass sie stets das Chaos wiederherstellen müssen.

Selbst hergestellter Mangel ist es auch, wenn Andere der Mangel an eigener Gestaltungskraft dazu treibt, Gegebenes durch selbstentworfenen Unfug, sogenannte zeitgemäße Modernisierung, zu ersetzen - wir haben dann (wieder) einen Mangel an Kontinuität, aber Löcher in der Kasse. Hieraus leitet sich wieder die Klage über den mangelnden Freiraum zur Selbstentfaltung ab.

Klagesucht, Jammersucht und Wehleidigkeit sind ständige Begleitsymptome der Mangelneurose und in ihrer ständigen Präsenz Beleg dafür, dass eventuelle Verlusterlebnisse oder (gar traumatische) Defiziterfahrungen nicht stattgefunden haben oder nicht verarbeitet worden sind. So würde das Ende des Mangels wohl noch im Schlaraffenland ersehnt. Zum Verzicht auf derart paradiesische Zustände darf nur raten, wer ihn durchgemacht hat.

Alltäglich ist das Gefühl von Individuen oder Paaren, selbst in irgendeiner Form nicht gut genug zu sein.
Oft kommt es im Übergang von Partnerschaft zur Elternschaft zu einer Verunsicherung der Rollenidentitäten und Umschichtungen der realen Verantwortlichkeit. Ärzte, Hebammen und Therapeuten stützen in dieser Phase meist das neue Mutter - Ich. Wo es um die intuitive Sensitivität beider Eltern ginge, steht die junge Mutter im Vordergrund, mag der Vater bemängeln, dass er, trotz der Lizenz zum Windelwechseln, immer noch die traditionelle Rolle zu spielen , und beim Rollentausch den schwarzen Peter gezogen hat, wenn die Partnerrolle im Stapel gelandet und die Vaterrolle nichts gilt.
Der Kinderarzt und Kinderanalytiker D.H. Winnicott stellte nicht ohne Grund heraus, dass es die "perfekte" Elternschaft ebensowenig gibt wie das "perfekte" Kind. Der Begriff der "good enough mother" sollte den von überhöhten Anforderungen überforderten "jungen" Eltern Güte und Nachsicht signalisieren. Der Begriff des "good enough father" wäre hier noch zu ergänzen.
Da die Eltern ihre Aufgabe so gut, wie ihnen möglich, erfüllen, verdienen sie wohl jede (auch gegenseitige) Achtung, wie wohl auch unbedingt deren Eltern, und so weiter.

Induzierter Mangel

Die Unzufriedenheit der Mangelleider ist zwar auch gegen sich selbst gerichtet, findet jedoch stets ein Gegenüber. Diesem wird dann die versagende Rolle zugeschrieben, es gilt als geizig, engstirnig, beschränkt, dumm, faul usw..
Soll die Mangelneurose aufrechterhalten werden, darf an dieser Sichtweise nicht gezweifelt werden, das "mangelhafte Objekt" muss womöglich selbst von seinem geringen Wert überzeugt werden. Vielfältige kleine und große Gemeinheiten können hier eingesetzt werden.
Solcherlei negativen Zuschreibungen mag ein Esel für die kurze Dauer seines Lebens noch halbwegs zufrieden ertragen ("Einer trage des Anderen Last"), für einen Menschen sind sie eigentlich zu viel. Was nicht auszuhalten ist, führt zur Krankheit. Der Umgang innerhalb solcher Partnerschaften verschiebt sich ins Archaische, beschränkt sich aufs Allernotwendigste.
"Wir gönnen uns nicht mal das Schwarze unter dem Fingernagel. Mit einem Hund würde ich natürlich besser umgehen, denn der wäre von mir abhängig, könnte nicht für sich selbst sorgen".

Wahrscheinlich würde ein Hund sich auch dankbarer zeigen als ein derart ständig getretener Partner. Hunde können sich an die Rolle des Omega-Tieres gewöhnen. Die Milchmädchenpsychologie der MangelleiderInnen, die eine führende Position benötigen, "übersieht" die stets entstehende gegenseitige Abhängigkeit oder Gewöhnung, und käme nie auf den Gedanken, dass ihre Rolle, Andere derart herabzusetzen, der eines Ekels, an dessen Verantwortlichkeit für sein Tun niemand mehr glaubt, entspricht.

 

Der Mangel an Anerkennung, Liebe

Anerkennung ist unter den gegebenen gesellschaftlichen Umständen - oder generell - an den Besitz von prestigeträchtigen Symbolen gebunden.
Die auf diesem Wege erfahrbare Anerkenung gilt nicht der Person, sondern den Symbolen, und ist auch nicht unser Thema, weil sie nicht wirklich "satt" macht. Wir sehen hier lediglich eine seltsame Selbstzufriedenheit, die nur innerhalb der entsprechenden Gruppe und ihrer Neider nachzuvollziehen scheint.

Die Anerkennung der Person als Gesamtheit, ihrer Körperlichkeit, Psyche, ihrer Lebensäußerungen usw. wäre weitergehend, d.h. nicht nur als Anerkennung, sondern als Begrüßung und Grund zur Freude, vielleicht als Liebe zu bezeichnen.

Um diese Anerkennung zu kämpfen, mag müßig sein. Auf sie zu warten, erst recht. Nichts zu tun, weil die Anerkennung ausbleibt, erscheint kontraproduktiv und, nach dem bisher gesagten, als Hineinschlittern in die Mangelneurose. Bleibt die Anerkennung, die wir uns selbst "zollen", d.h. abverlangen. Respekt wie Selbstachtung von außen zu erwarten, wäre manchmal vergeblich.

 

 

siehe auch: Die Pychologie der Adipositas

 

 


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